BVF und ADF: Deutliche Verbesserung des Schutzniveaus beim Fluglärmschutz erforderlich!

  • An die Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU, Grünen und FDP im Bund haben die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Fluglärmkommissionen (ADF) und die Bundesvereinigung gegen Fluglärm (BVF) ganz konkrete Erwartungen. Zu den wichtigsten Forderungen gehören die Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen im Bereich des Fluglärmschutzes durch Änderung des Luftverkehrsgesetzes, die Novellierung des Fluglärmschutzgesetzes sowie der Erhalt der Luftverkehrsteuer.


    Für Helmut Breidenbach, Präsident der Bundesvereinigung gegen Fluglärm (BVF) wurden in der letzten Legislaturperiode gute Ergebnisse bei der Bekämpfung des Schienenlärms erzielt. „Wir erwarten vergleichbare Fortschritte in den kommenden vier Jahren auch beim Fluglärmschutz. Alle mit der Materie befassten bundesweiten Fachgremien und Institutionen sind sich einig, dass beim Fluglärmschutz deutliche Verbesserungen erforderlich sind, angefangen beim Umweltbundesamt, über den Sachverständigenrat für Umweltfragen bis zum paritätisch besetzten § 32a-LuftVG-Ausschuss. Fast alle rechtlichen Regelungen zum Fluglärmschutz sind in Bundesgesetzen geregelt, die zukünftigen Koalitionäre müssen ihrer Verantwortung gerecht werden und die Betroffenen wirksam vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen schützen.“


    Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Fluglärmkommissionen (ADF), Thomas Jühe, wies darauf hin, dass es beim Fluglärmschutz zahlreiche Schnittmengen und gemeinsame Interessenlagen von Fluglärmbetroffenen und Luftverkehrswirtschaft gebe, die es auszuloten gelte und die in eine gemeinsame Koalitionsvereinbarung einfließen müssten. „Die bestehenden offensichtlichen Schutzdefizite der Bevölkerung im Bereich des Fluglärmschutzes führen nicht nur zu erheblicher Belästigung und gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Proteste und Gerichtsurteile führen teilweise zu nicht vorhersehbaren Situationen, die durch ausgewogene und durchdachte Regelungen hätten vermieden werden können. Flughäfen und Fluggesellschaften sind auf die Akzeptanz der Bevölkerung angewiesen. Nur durch für beide Seiten tragbare Lösungen kann der Luftverkehr auch die Herausforderungen der Zukunft bestehen. Diese Chance darf nicht verspielt werden!“


    Die Forderungen von BVF und ADF an die Koalitionäre finden Sie ergänzend in der Anlage (Antwort auf diesem Thread)
    Für Rückfragen:


    [*] BVF-Präsident Helmut Breidenbach: 0176 32405542





    [*] ADF-Vorsitzender Thomas Jühe: 06142 402212

  • Forderungen der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Fluglärmkommissionen (ADF) und der Bundesvereinigung gegen Fluglärm (BVF) anlässlich der Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU, Grünen und FDP im Bund


    Fast alle gesetzlichen Regelungen zum Schutz vor Fluglärm (insbesondere das Luftverkehrsgesetz und das Fluglärmschutzgesetz) sind Bundesgesetze. Im Fluglärmbericht 2017 des Umweltbundesamtes wird der dringende Reformbedarf dieser Gesetze mit dem Ziel eines verbesserten Schutzes vor Fluglärm angemahnt. Auch der paritätisch besetzte und die Bundesregierung beratende Ausschuss nach § 32a LuftVG stellte vor wenigen Monaten einen solchen Verbesserungsbedarf fest und unterbreitete konkrete Vorschläge. Schließlich hat der Sachverständigenrat für Umweltfragen bereits im Jahr 2014 in einem umfassenden Sondergutachten die systematische rechtliche Benachteiligung der Fluglärmbetroffenen herausgearbeitet und gesetzliche Verbesserungen eingefordert. Seitdem wurden zahlreiche Studien zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Fluglärm veröffentlicht, welche die Auswirkungen von Fluglärm auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen bestätigten und neue Erkenntnisse über den Zusammenhang von Fluglärm und Depressionen bzw. das verzögerte Lesenlernen von Grundschulkindern lieferten.


    Nachfolgend finden Sie die wichtigsten Forderungen von ADF und BVF an eine neue Bundesregierung mit der Bitte, diese im Koalitionsvertrag zu verankern:


    1. Änderung des Luftverkehrsgesetzes:

    • Festlegung eines Vorrangs des aktiven Schallschutzes vor passivem Schallschutz analog der Regelung für Schienen- und Straßenverkehrslärm im Bundes-Immissionsschutzgesetz.
    • Einführung nachhaltig wirksamer Instrumente und Anreizsysteme für leiseres Fliegen (z. B. Lärmobergrenzen, Lärmkontingentierungen, Belohnungssysteme bei Umsetzung aktiver Schallschutzmaßnahmen, Nachtflugbeschränkungen oder Betriebsbeschränkungen für besonders laute Flugzeuge)
    • Höhere Gewichtung des Schutzes vor Fluglärm durch Luftverkehrsbehörden und Flugsicherheitsbehörden (mindestens angemessene Berücksichtigung), nachvollziehbare Sicherheitsbelange sollen dabei auch weiterhin uneingeschränkt Vorrang behalten.
    • Etablierung eines allgemeinen Lärmminimierungsgebotes unter Beibehaltung der besonderen Berücksichtigung des unzumutbar von Fluglärm betroffenen Bereichs. Entsprechend soll nach dem Stand der Technik vermeidbarer Fluglärm verhindert und unvermeidbarer Fluglärm auf ein Mindestmaß beschränkt werden.
    • Verbesserung des gesetzlichen Schutzniveaus in der gesetzlichen Nacht von 22-6 Uhr mit dem Ziel, in sehr dicht besiedelten Gebieten und an besonders lärmsensiblen Standorten die Zahl nächtlicher Flugbewegungen kontinuierlich abzusenken und perspektivisch ganz in den Tagzeitraum zu verlagern.
    • Verankerung von bundesweit verbindlichen Mindestkriterien für die verursachergerechte lärm- und emissionsbezogene Differenzierung der Entgelte. Es muss eine tatsächliche finanzielle Anreizwirkung bestehen, um lärmarme Flugzeuge einzusetzen oder Nachtflüge zu vermeiden.
    • Erweiterte Beteiligungs- und Klagerechte für Kommunen, anerkannte Lärmschutz- und Umweltverbände sowie Lärmbetroffene bei der Festlegung von Flugrouten, der Festsetzung des Lärmschutzbereiches sowie bei Genehmigungen von Flughäfen.
    • Gesetzlich abgesicherte Stärkung der Einwirkungsmöglichkeiten der Fluglärmkommissionen: verbindliche Regelung von Aufgaben, Zusammensetzung und Mindestausstattung der Fluglärmkommissionen. Schaffung der erforderlichen Rechtsgrundlagen für die Dachorganisation Arbeitsgemeinschaft Deutscher Fluglärm-kommissionen (ADF).


    2. Änderung des Fluglärmschutzgesetzes und der nachgeordneten Verordnungen:

    • Absenkung der Schutzwerte des Fluglärmschutzgesetzes um mind. 5 bis 10 dB(A), alternativ Ausdehnung der Gebietsgrenzen und des Schutzniveaus durch Änderung der Berechnungsmethoden (realitätsbezogene Berechnung 100:100 bei Mindest-Betriebsrichtungsanteil von 10%) bezogen auf die Anspruchsentstehung auf passiven Schallschutz. Die Ausdehnung der Schutzgrenzen ist insbesondere vor dem Hintergrund der bereits in Arbeit befindlichen Änderung der Berechnungsgrundlagen erforderlich, die zu einer Verkleinerung der Zonen führen wird.
    • Beseitigung der Schlechterstellung von Bestandsflughäfen gegenüber baulich wesentlich erweiterten Flughäfen und sonstigen Neubauten von Flughäfen bzw. zwischen zivilen und militärischen Flugplätzen.
    • Beseitigung der erheblichen Schlechterstellung des Schutzstandards von Bestandsgebäuden und von Gebäuden, für die früher bereits ein Anspruch auf die Erstattung passiven Schallschutzes bestand (z. B. im Rahmen freiwilliger Schallschutzprogramme).
    • Übernahme der Betriebs-, Unterhaltungs- und Erneuerungskosten für bewilligte passive Schallschutzmaßnahmen (bei Erneuerungskosten zumindest soweit es sich um Zusatzaufwendungen aufgrund der Vorgaben des passiven Schallschutzes handelt).
    • Berücksichtigung von Innenpegeln anstelle von Außenpegeln, alternativ zumindest messtechnische Prüfung der Berechnungswerte aufgrund der Bauschalldämmmaße im Rahmen der Revision des Fluglärmschutzgesetzes.
    • Mindestverbesserungsschwelle von 5 Dezibel in Kombination mit einer Irrelevanzschwelle.
    • Erforderlicher Schlafschutz auch für Kindertagesstätten wie Kinderkrippen und Kindergärten (regelmäßige Nutzung auch tagsüber zum Schlafen).
    • Sicherstellung einer hinreichenden Be- und Entlüftung der schallgeschützten Gebäude in der Nachtschutzzone sowie allg. bei schutzbedürftigen Einrichtungen.
    • Übernahme der kostensparenden Vereinfachung der Verkehrswertermittlung für die Außenwohnbereichsentschädigung aus Hessen. Alternativ sollten die zuständigen Behörden die Möglichkeit erhalten, den unterstellten Pauschalwert anhand der offiziellen Bodenrichtwerte für das jeweilige Gebiet festzulegen.
    • Beseitigung der zeitlichen Staffelung des Entstehens der Erstattungsansprüche für Schallschutzmaßnahmen sowie für Außenwohnbereichsentschädigungen (stattdessen: sofortige Geltung mit Festlegung des Lärmschutzbereiches).

    3. Beibehaltung der Luftverkehrssteuer; ggf. Umgestaltung mit dem Ziel einer stärkeren ökologischen Lenkungswirkung (z.B. Einführung einer Lärmkomponente, Einbeziehung der Luftfracht).


    4. Erarbeitung eines ganzheitlichen Luftverkehrskonzeptes der Bundesregierung im Einvernehmen von Verkehrs- und Umweltministerium mit Berücksichtigung der Lärm- und Umweltauswirkungen. Dabei sollte auch das Ziel der Verlagerung von Kurzstreckenflügen auf die Schiene verfolgt werden.


    5. Abschaffung der Mehrwertsteuerbefreiung auf internationale Flugtickets:

    • Abschaffung der ungerechtfertigten Wettbewerbsverzerrung zwischen den Verkehrsträgern (Während die Bahn den vollen Mehrwertsteuersatz auf internationale Fahrkarten zahlt, sind Tickets für grenzüberschreitende Flüge von der Mehrwertsteuer befreit).

    6. Anderung der Rechtsgrundlage zur [b]Lärmaktionsplanung (§ 47d Bundes-Immissionsschutzgesetz):

    • Die Träger der Lärmaktionsplanung sollen in die Lage versetzt werden, Maßnahmen zur Lärmminderung umzusetzen. Schaffung einer Pflicht zur Erstellung von verbindlichen Lärmminderungskonzepten für Flughäfen mit einer Festlegung definierter und messbarer Lärmminderungsziele auf einer Zeitachse einschließlich der notwendigen Maßnahmen zur Zielerreichung und auch Sanktionen bei deren Nichterreichung.

    7. Bereitstellung hinreichender Ressourcen für die Forschung und Planung lärmarmer Flugverfahren sowie die Entwicklung lärmarmen Fluggeräts bzw. lärmminimierender Umrüstkits.


    8. Schaffung einer deutschlandweit zuständigen Stelle, die Lärmminderungsmaßnahmen an stark belasteten bundesdeutschen Flughäfen koordiniert und ggf. überwacht.


    9. Aktives Bemühen der Bundesregierung um ein koordiniertes europäisches Vorgehen bei der Verbesserung des Schutzes der Bevölkerung vor Fluglärm (Internationalisierung aktiver Schallschutzmaßnahmen).


    10. Berücksichtigung aktueller Belästigungskurven auf EU- und nationaler Ebene. Die NORAH-Studie hat u. a. belegt, dass das Belästigungsniveau aufgrund von Fluglärm deutlich über den aktuell verwendeten Belästigungskurven liegt.


    11. Schaffung hinreichender Beurteilungsgrundlagen für die Festsetzung von Grenzwerten für Ultrafeinstaub-Belastungen auf EU-Ebene. Bisher fehlen sowohl sys-tematische Messungen als auch umfassende Wirkungsstudien zur Feststellung der gesundheitlichen Auswirkungen von Ultrafeinstaub, um auf diese Grundlage Grenz-werte festlegen zu können.



    Bundesvereinigung gegen Fluiglörm e.V.