ABB: Ministerium an Prozessbetrug beteiligt?

  • BER-Schönefeld Lärmschutz-Skandal


    Der Lärmschutz am künftigen Hauptstadtflughafen „Willy Brandt“ in Schönefeld soll Priorität erhalten. Das verkündete Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck am 28. Februar. „Warum erst jetzt?“, fragen sich tausende von Schwerstbetroffenen in den Flugschneisen, die 90 Tage vor der geplanten Airport-Inbetriebnahme ohne Lärmschutz dastehen. Sie glauben nicht daran, dass Platzeck durch die angekündigte Umstrukturierung der staatseigenen Berliner Flughafengesellschaft noch ein Lärmschutzwunder vollbringen kann.


    „So wie es aussieht, steuert der Flughafen mit Blick auf seine Eröffnung am 3. Juni auf eine heftige juristische Katastrophe zu und der Ministerpräsident auf riesige Probleme, sollte er dem Bestreben des Flughafens auf Absenkung des Lärmschutzes nachkommen,“ vermutet Rechtsanwalt PHILIPP HEINZ, der vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mehrere Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss Schönefeld führt.


    MATTHIAS SCHUBERT, Sprecher des Aktionsbündnisses für ein lebenswertes Berlin-Brandenburg (ABB), nennt den Grund für die Vermutung:
    In der Sondersitzung des Ausschusses für Infrastruktur und Landwirtschaft des Landtags Brandenburg am 17. Januar 2012 hieß es, für 5 – 6.000 der am schwersten betroffenen Wohneinheiten sei es nicht möglich, das im Planfeststellungsbeschluss festgelegte Schutzniveau zu erreichen. Deshalb werde die Flughafengesellschaft jetzt eine „Klarstellung“ beantragen, dass das Schutzniveau verringert wird. SCHUBERT erinnert jedoch daran, das Bundesverwaltungsgericht habe schon in seinem Urteil vom 16. März 2006 (Rn 295) festgestellt, dass es „keinen Raum für die Deutung“ gebe, dass „der Maximalpegel von 55 dB (A) auch nur einmal überschritten werden dürfe.“


    Nach dem Protokoll des Infrastrukturausschusses vom 17. Januar 2012 liegt es nahe, dass das zuständige Ministerium schon lange in die Pläne des Flughafens eingeweiht war, den Lärmschutz im passenden Moment aufzuweichen und statt keiner Überschreitung der 55 dB (A) gleich sechsmal 55 dB (A) pro Tag zuzulassen. Den Schwerstbetroffenen und der Öffentlichkeit hat man jedoch dieses Vorhaben verschwiegen und es auch dem Bundesverwaltungsgericht gegenüber in der Nachtflugverhandlung am 20./21. September 2011 verheimlicht.


    „Welchen Sinn soll die im September in Leipzig vereinbarte Anpassung des Tagschutzbereichs an die neuen Flugrouten noch haben, wenn das Infrastrukturministerium anschließend das Schutzniveau auf Wunsch der Flughafengesellschaft drastisch absenkt?“, fragt SCHUBERT. Im Übrigen verweist der ABB-Sprecher nochmals auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. März 2006 (Rn 154 und 155):


    „Die Landesplanung muss jedoch bereits auf ihrer Planungsebene vorausschauend prüfen, ob die Lärmschutzprobleme, die ihre Standortentscheidung auslösen wird, auf der Fachplanungsebene in diesem Sinne beherrschbar sein werden. Ist das nicht der Fall, obliegt es der Landesplanung, einen anderen Standort zu suchen.“


    Kleinmachnow, den 1.3.2012
    V.i.S.d.P.: Matthias Schubert, Tel.: 015140133961
    Aktionsbündnis für ein lebenswertes Berlin-Brandenburg
    Aktionsbndnis Berlin Brandenburg ABB: Mitgliederbersicht