Die Entwicklung des BER – eine Horrorprognose für unsere Zukunft

  • Liebe Großbeerener, liebe Mitstreiter aus anderen Gemeinden, liebe uns und unseren Forderungen gegenüber noch zweifelnde Bürger,


    wir, die Mitglieder der Bürgerinitiative, müssen uns oft anhören, wir seien „Spinner“, was wir nur gegen den neuen Flughafen hätten, der „Käse sei doch eh gegessen“ und Ähnliches. Die Unterstützung auf breiter Basis der Großbeerener und anderer Gemeinden fehlt uns. Diese paar Überflüge stören doch nicht. Gerade auch von Eltern mit kleinen Kindern hören wir dieses. Dabei sind die Kinder von uns und deren Kinder doch diejenigen, die die Folgen des unsäglichen Großprojektes BER am längsten ertragen müssen – und so ein Flughafen entwickelt sich ja im Laufe der Jahre und Jahrzehnte ständig weiter. Das hört nicht morgen oder übermorgen auf. Das Beispiel Frankfurt zeigt es. In meiner frühen Jugend –ich komme aus Mainz bei Frankfurt/Main- wurde gegen die Startbahn-West gekämpft. Heute, mehr als 30 Jahre später, geht der Kampf um den noch weiteren Ausbau von vorne los – und das wird kein Ende nehmen, wenn wir diesem Prozess nicht Einhalt gebieten. Ob Frankfurt oder Berlin, wir sollten unseren Kindern bereits jetzt die nötige Grundlage schaffen, damit sie diesen Kampf nicht auch führen müssen.


    Lesen Sie in diesem Newsletter, was die Zukunft uns und unseren Kindern mit dem Großprojekt BER bringen wird.


    Der BVBB (Bürgerverein Brandenburg-Berlin e.V.) hat zum Thema zukünftige Entwicklung BER eine Analyse in Auftrag gegeben. Auftragnehmer war Dipl.-Ing. Architect Dieter Faulenbach da Costa, Flughafenplaner und –experte, Fachberater der Stadt Offenbach und Betreiber eines Airport-Consulting-Büros. Herr Faulenbach hat bereits mehrfach, u.a. auch für die Schutzgemeinschaft der Umlandgemeinden e.V., deren Sprecher unser Bürgermeister Carl Ahlgrimm ist, Analysen und Gutachten zum BER erstellt.


    Die im März 2012 veröffentlichte Analyse geht von der zentralen Aussage aus, dass ein Flughafen nur dann eine gesunde Perspektive hat, wenn er sich entsprechend weiterentwickeln kann. Es werden die Kernfragen gestellt und beantwortet, welche Entwicklungsperspektiven der neue Flughafen am Standort Schönefeld hat, welche Auswirkungen eventuelle Entwicklungsperspektiven haben und ob es alternative Standorte gibt, die bessere Entwicklungsperspektiven bieten.


    Konzipiert ist der BER für 560.000 Flugbewegungen pro Jahr. Faulenbachs Prognose anhand der gängigen Flughafenplanung ist, dass die Kapazitätsgrenze des Flughafens mit 2 Start- und Landebahnen bei ca. 440.000 Flugbewegungen pro Jahr spätestens erreicht sein wird. D.h. ab spätestens 2025 wird es zu Kapazitätsengpässen in Schönefeld kommen. Tagflüge könnten dann in die Nacht verlegt werden, das für die Betroffenen bisher sowieso unzureichende Nachtflugverbot von 0-5 Uhr könnte weiter verringert, bzw. gänzlich aufgehoben werden.


    Faulenbach geht hier von Durchschnittszahlen auf das Jahr bezogen aus. Betrachtet man jedoch konkrete Stoßzeiten auf den Tag bezogen, wird es aller Voraussicht nach bereits kurz nach Eröffnung des BER zu Engpässen in diesen Stoßzeiten kommen.
    Nimmt man die Zeit, die gebraucht wird für Genehmigungsverfahren, Planung, Ausführung zum Bau einer weiteren Start- und Landebahn, müsste, laut Faulenbach, spätestens 2015, d.h. in spätestens drei Jahren, mit dem Genehmigungsverfahren begonnen werden, um die Kapazitätsengpässe und deren Folgen zu verhindern. Bis dahin müsste allerdings definitiv die Standortfrage geklärt sein.


    Herr Platzeck äußerte im August letzten Jahres, dass seine Phantasie wohl nicht ausreiche, um sich eine weitere Start- und Landebahn vorzustellen, bzw. dass es eine solche mit ihm nicht geben werde. Immer mehr ernst zu nehmende Stimmen hingegen behaupten, dass die Planungen für die 3. Start-und Landebahn bereits vorliegen. Augenzeugen aus internen Kreisen berichten sogar, dass die Erdarbeiten dafür bereits begonnen hätten. Vielleicht wegen der bereits in Bälde zu erwartenden Kapazitätsengpässe in Stoßzeiten ?


    Welche Folgen hätte nun der Bau einer dritten Start- und Landebahn in Schönefeld für die Berliner und Brandenburger Bevölkerung ? Die Verfahren zum An-und Abflug bei 2 Start- und Landebahnen müssten geändert werden, es würde mit 3 Start- und Landebahnen komplizierter, so Dieter Faulenbach. Am Standort Schönefeld wäre es dann nicht mehr möglich, bei An- und Abflügen weitestgehend das Überfliegen von Berliner Territorium zu vermeiden, d.h. Überflüge über dem Stadtgebiet Berlin wären zwingend erforderlich.


    Südlich von Berlin (und das betrifft uns) käme es sowohl in westlicher als auch in östlicher Richtung zu einer Verlängerung der „Pistenachsen“ und damit des Betroffenheits- bzw. Lärmkorridors. Auch würde durch eine zusätzliche Start- und Landebahn nicht nur weiter nach Norden (Berliner Stadtgebiet), sondern auch weiter nach Süden als bisher geflogen werden (aufgrund der ausgedehnteren Spreizung der Winkel der Bahnen zueinander).


    „Dies führt zu einer großflächigen Verlärmung des südlichen Berliner Raums von Wannsee bis zum Müggelsee. Dieser Lärmkorridor setzt sich daran anschließend südlich fort und überlagert den Bereich vom Mittelzentrum Ludwigsfelde bis nach Müggelheim. Durch die dritte Piste wird dieser Lärmkorridor nach Süden verlängert und reicht von Nunsdorf bis Bestensee.“


    Unterstellt man das bisherige Wachstum des Luftverkehrs gleichermaßen für die Zukunft, kommt man laut der Analyse nicht umhin, auch eine vierte Start- und Landebahn zu planen, denn auch 3 Bahnen würden dauerhaft nicht ausreichen (bei mehr als 800.000 Flugbewegungen pro Jahr), wenn man Kapazitätsengpässe vermeiden möchte. Die An- und Abflugverfahren müssten bei vier Bahnen erneut geändert werden. Die Folge wäre, dass zusätzlich zum südlichen auch das westliche und östliche Berliner Stadtgebiet überflogen würden. Für Brandenburg hieße das, dass die „Siedlungsbänder Ludwigsfelde, Blankenfelde-Mahlow und Eichwalde – Königs Wusterhausen […] vollständig unterhalb eines Lärmteppichs von mehr als 55 Dezibel Dauerschallpegel liegen. […] Im Ergebnis ergäbe sich aus einem Vier-Pistensystem ein Lärmkorridor oberhalb von 55 dB(A) in Ost-West-Ausdehnung von etwa 60 km und in Nord-Süd-Ausdehnung von etwa 30 km.“ Und wir mittendrin. Dann sollten wir alle uns schon einmal auf den Einbau von Lüftern und Schallschutzfenstern gewöhnen – allerdings dann wohl auf eigene Kosten, will man den Flughafen nicht finanziell in den Ruin treiben …


    Als Fazit konstatiert Dieter Faulenbach : Um Kapazitätsengpässe am neuen Flughafen zu vermeiden und den Flughafen damit zukunftsfähig zu halten, muss in den nächsten drei Jahren über den Ausbau des Flughafens entschieden werden. Bedenkt man die Engpässe in Stoßzeiten muss dies wesentlich früher geschehen. Ein ausreichendes Entwicklungspotenzial dafür sei am Standort Schönefeld nicht vorhanden (wie schon in den 90´er Jahren im Raumordnungsverfahren festgestellt) – bzw. nur „unter Inkaufnahme schwerer und nicht lösbarer raumordnerischer Konflikte“, d.h., weniger bürokratisch ausgedrückt, nur unter Inkaufnahme der Schädigung der Gesundheit und der Lebensqualität und der Entwertung des Grundstück- und Hausbesitzes von immer mehr Menschen, nicht mehr von Hunderttausenden, sondern von über einer Million Menschen.


    Faulenbach da Costa fordert daher die Nutzung von vorhandenen Standortpotentialen in Brandenburg, die ausreichend Platz für eine bedarfsgerechte Entwicklung des Flughafens und der benötigten Infrastruktur bieten. Diese nicht zu nutzen, sei „politisch, raumordnerisch, planerisch und volkswirtschaftlich verheerend“. Eine Entfaltung der Potentiale des Luftverkehrs und Erweiterung der Infrastruktur sei am Standort Schönefeld nicht ohne volkswirtschaftlichen und menschlichen Schaden möglich, „weil gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und eine erholsame Nutzung der bestehenden Naherholungsräume nicht mehr möglich wäre.“


    Liebe Leser, vielleicht werden nach Lektüre dieser Zukunftsprognose unsere Forderungen verständlicher. Wir fordern ein Nachtflugverbot von 22-6 Uhr, das dem Flughafen eine Grenze auferlegen wird, immer mehr Flugbewegungen von Schönefeld aus abzufertigen. Wir fordern das Stoppen jeglicher Pläne für den Bau von weiteren Start- und Landebahnen. Wir möchten kein internationales Drehkreuz und keinen Großflughafen am Standort Schönefeld. Sollten die Politiker und die Verantwortlichen aus der Wirtschaft weiter an diesen Größenordnungen festhalten, müssen sie sich einen anderen Standort suchen.


    Wir sind keine Spinner. Wir möchten eine lebenswerte Zukunft. Nicht nur für morgen und übermorgen, sondern auch für die Zeit unserer Kinder und Enkel.


    Herzliche Grüße
    Ute Szenkler