Stellungnahme erneuten Ablehnung einer Volksinitiative in Brandenburger Landtag

  • Sehr geehrte Abgeordnete des Brandenburger Landtages,
    sehr geehrte Damen und Herren,


    Die Landtagspräsidentin Frau Britta Stark hatte am 08. Oktober 2014 ihre Antrittsrede 1) zur 6. Legislaturperiode unter das Motto gestellt:


    Lust auf Demokratie wecken!


    Und was macht heute die Mehrzahl der Abgeordneten, trotz der von Ihnen mit viel Beifall bedachten Rede der neuen Landtagspräsidentin aus ihrer Mitte, daraus?


    Sie fallen ihrer Präsidentin in den Rücken, indem sie das Ergebnis eines basisdemokratischen Verfahrens Direkter Demokratie mehrheitlich unter scheinheiligen Begründungen ablehnen.


    Ablehnen, obwohl sie sich u.a. im Landtag zwischenzeitlich in mehreren Willensbekundungen gegen den Bau einer 3. Piste strikt ausgesprochen hatten. Damit befanden sie sich im Einklang mit dem Ziel der Volksinitiative und zugleich in guter Gesellschaft mit den Unterzeichnern der VI, die mit 29.000 Unterschriften den mehrfach in öffentlich Beschlüssen und Verträgen bekundeten Willen ihrer Volksvertreter erfolgreich unterstützten.


    Eine echte Win-win-Situation, sollte man meinen.
    Die Beteiligten ziehen an einem Strang in die gleiche Richtung!


    Pustekuchen, es war nur wieder einmal ein groß angelegtes Täuschungsmanöver! Alle Willensbekundungen der Volks- und Koalitionsvertreter sind nichts weiter als politische Petita an die Landesregierung, ohne jede wirkliche rechtliche Folgewirkung. Sie sind nicht das Papier wert, auf dem sie niedergeschrieben stehen!


    In Wahrheit fehlt der Mehrheit der Volksvertreter im Landtag der politische Wille zur wirksamen Durchsetzung ihrer eigenen Beschlüsse und Verträge in der Sache. Getreu der Maxime Die Wiederholung ist die Mutter der Weisheit, wird der unbedarften Öffentlichkeit gebetsmühlenhaft in stetiger Verklärung der Wahrheit vorgegaukelt, man sei auf der Seite des Bürgerwillens.


    Aufwändig von den Vertretern der VI erarbeitete Gesetzesvorlagen wurden in Ausschuss-sitzungen achtlos bei Seite geschoben und eigene Vorlagen gar nicht erst eingebracht. Selbst eine gemeinsame sachliche Diskussion der von der Volksinitiative eingebrachten Gesetzesini-tiative als vertrauensbildende Maßnahme wurde strikt von Volksvertretern abgelehnt.


    Schon in der 5. Wahlperiode wurde dem erfolgreichen basisdemokratischen Verfahren Volksbegehren Nachtflugverbot am BER in einem beispiellosen pseudodemokratischen parlamentarischen Täuschungsakt der erklärte Wille von 106.000 Brandenburgerinnen und Brandenburgern gebrochen. Aus dem Willen der Unterzeichner zum Nachtflugverbot wurde über Nacht vom neuen Ministerpräsidenten einfach Mehr Nachtruhe gemacht und nicht einmal das wurde bis heute von ihm umgesetzt.


    Dem Vorgänger im Amt des heutigen Ministerpräsidenten hatte in der parlamentarischen Debatte zur Annahme dieses Volksbegehrens durch den Landtag ein beherzter Abgeordneter zugerufen Herr Ministerpräsident verarschen Sie uns nicht! Viele von Ihnen werden sich sicher daran erinnern und auch daran, dass der Redner dafür vom Landtagspräsidenten gerügt worden war. Genau diese Vermutung des Abgeordneten ist aber inzwischen für die Bürger bittere Realität geworden!


    Realität geblieben ist bis zum heutigen Tag auch, dass Landtagsabgeordnete in Verfahren direkter Demokratie bereit und in der Lage sind, die beteiligte Öffentlichkeit über ihre wahren politischen Absichten zu täuschen. Somit dürfen sich nun auch in der 6. Wahlperiode die Unter-zeichner der oben genannten Volksinitiative als verarscht betrachten.


    Mut zur Demokratie und geweckte Lust der Bürger auf Demokratie werden mit Täuschung und Verarsche quittiert, wie die ZDF-heute-show 2) im Vorgriff auf die heutige Abstimmung schon am 17. April 2015 treffend stilisierte:


    Hallo, liebe Verarschte,
    heute wollen wir lernen, das Verarschtwerden besser anzunehmen, uns zu öffnen für die Verarsche, und die Wut loszulassen.
    Der Oliver z.B. ist echt wütend, weil ihm Bürgerbeteiligung vorgetäuscht wird. Er wartet immer noch auf die Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene.
    Deshalb hab ich ihm mal diese Übung gezeigt: Diese Position nennt sich: "Der wartende Vollidiot"

    Es genügt auch nicht, die Türen des Landtages den Bürgern weit zu öffnen, um damit Lust auf Demokratie wecken zu wollen. Solange sich die Abgeordneten nicht selbst der Bürgerbetei-ligung und den Anliegen der Bürger weit öffnen, wird das ein geheuchelter frommer Wunsch bleiben.


    Die SPD im Land Brandenburg hat sich seit der Wiedererrichtung des Landes durchaus gemeinsam mit wechselnden Koalitionspartnern jenseits von Bürgerwillen das Land nach Gutsherrenart zur Beute gemacht:

    Das Bundesland Brandenburg zum Land der In-Direkten Demokratie gemacht!


    Möge allein diese Erkenntnis schlussendlich dazu führen, dass bei Brandenburger Bürgerinnen und Bürgern wieder die Lust auf Demokratie geweckt wird!

    Mit unserer Stellungnahme wollen wir nicht alle Abgeordneten in gleicher Weise ansprechen. Wir wissen sehr wohl Haltungen von Abgeordneten zu unterscheiden und zu würdigen. Schließlich kann jede Abgeordnete und jeder Abgeordnete vor sich selbst, nach ihrem und seinem Gewissen entscheiden, ob sie und er sich angesprochen und von uns gerügt fühlen müssen.


    Potsdam am 30. April 2015


    Mit freundlichem Gruss


    Für die Unterzeichner der VI Für die Initiatoren der VI

  • Offene Antwort auf den Offenen Brief des Herrn D. Günther aus Mahlow
    (msprissler: Das obige Schreiben wurde als Leserbrief veröffentlicht)


    Zitat: „Direkte Demokratie – Stellungnahme eines Bürgers“


    Sehr geehrter Herr Günther aus Mahlow,
    ich habe Ihren Leserbrief vom Sonnabend, den 09.05.2015 aufmerksam gelesen. Ihr Offener Brief ist eine offene und ehrliche Abrechnung mit einer verlogenen Politikerkaste, die den Bürgerinnen und Bürgern Dinge verspricht, die sie dann, wenn es zum Schwur kommt, nicht einzuhalten bereit ist. Wohlfeile Sonntagsreden werden gehalten und dann in der Realität gebrochen.


    Aber, Herr Günther, nicht alle sind so. In der Landtagsdebatte am 30.04.2015, anlässlich der Beschlussfassung zur Volksinitiative „Nein zur 3. Start- und Landebahn“ haben sich nicht alle Abgeordneten so schäbig verhalten, wie Sie schreiben. Ja, es waren die Abgeordneten von SPD und Links-Partei, aber auch von Teilen der CDU, die die Volksinitiative abgelehnt haben. Die CDU hat in der Vergangenheit auch keinen Hehl daraus gemacht, dass sie die Volksinitiative für falsch hält, und dass sie für andere wirtschaftspolitische Grundsätze steht. Dafür kann man die CDU nicht schelten. Sie hat eine offene und ehrliche Position in der Sache bezogen, die sich zwar nicht mit den Meinungen der Bürgerinnen und Bürger deckt, aber wo die CDU immer eine klare Position eingenommen hat.


    Anders ist es schon bei den Parteien SPD und Links-Partei, die im Wahlkampf die Volksinitiative mit unterschrieben haben und sich mit als „Anführer“ der Volksinitiative geriert haben. Die gleichen Abgeordneten, die von SPD und Links-Partei, die unterschrieben haben und die den Bürgerinnen und Bürgern versichert haben, die Volksinitiative zu unterstützen, haben diese am 30.04.2015 abgelehnt.


    Aber eine große Gruppe von ca. 30 Abgeordneten im Landtag Brandenburg hat die Volksinitiative nicht abgelehnt, sondern, ganz im Gegenteil, die Volksinitiative nachhaltig unterstützt und deshalb muss man einfach sagen, direkte Demokratie ist nicht verloren. Es gibt Abgeordnete, die das unterstützen und die sich den Wünschen und dem Wollen der Bürgerinnen und Bürger nicht verweigern. Die Bürger müssen nur in Zukunft sorgfältiger hinschauen und sorgfältiger entscheiden, wem sie ihr Vertrauen schenken und wem sie letztendlich kein Vertrauen geben, weil die Erfahrung gezeigt hat, dass man bestimmten Personen nicht trauen kann, weil sie ihr Wort nicht halten.


    Ich selbst habe den Bürgerinnen und Bürgern am 30.09.1994 in Blankenfelde auf dem Karl-Marx-Platz bei einer Großdemonstration mit mehreren tausend Besuchern mein Wort gegeben, dass ich stets an ihrer Seite sein werde und nicht weichen werde, und ich habe dieses Wort bisher eingehalten und werde auch daran festhalten. Darauf können Sie sich verlassen.


    Mit freundlichen Grüßen
    Christoph Schulze, MdL
    BVB / FREIE WÄHLER