Kein anderer Großflughafen ist so nah

  • Für einen Großstadtflughafen steht der BER an ungewöhnlicherStelle. Während andere Metropolen die Knotenpunkte für ihren Luftverkehr weit entferntvon dicht besiedelten Gebieten bauen, platzierten Berlin und Brandenburg ihrenGroßflughafen in den Ballungsraum südlich Berlins. Nach der einhelligen Meinungder Fachplaner ist dieser Standort inmitten der stark bewohnten BrandenburgerRegion um Berlin vollkommen ungeeignet, sind doch die Berlin umgebenden Städteund Gemeinden inklusive der Landeshauptstadt Potsdam mit ihrem anhaltendenWirtschafts- und Bevölkerungswachstum der unverzichtbare finanzielle undstrukturelle Motor des sonst strukturschwachen Landes Brandenburg.


    Im Raumordnungsverfahren wurde der Standort als unverträglich festgestellt. Das Projekt wurde zumindest auf dem Papier so lange geschrumpft, bis es eine genehmigungsfähige Größe erreicht hatte. Mehr als 360.000 Flugbewegungen werde es hier keinesfalls geben, so wurde auch vor Gericht immer wieder beteuert. Dennoch erleben wir heute ungenierte Diskussionen über die „zu geringe Kapazität des BER“ und „dringend notwendige Erweiterungen“. Die Flughafenchefs der letzten Jahre haben immer wieder ganz offen gesagt, sie strebten entgegen der ursprünglichen Planung ein internationales Drehkreuz an. Das zeigt deutlich genug, wohin die Reise am Flughafen BER gehen soll.


    Was bewirkt das Volksbegehren im Hinblick auf den falschenStandort?


    Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.3.2006, mit dem derfalsche Standort gebilligt worden ist, ist leider rechtskräftig. Das ausunserer Sicht heute einzig mögliche - allerdings nur langfristige - Mittelgegen den falschen Standort besteht darin, ihn jetzt durch einlandesplanerisches Gesetz des Landes Brandenburg so zu begrenzen, dass beifortschreitendem Wachstum des Flugverkehrs die Verlegung des Flughafens aufeinen neuen, besser geeigneten Standort immer dringender wird. Eine Stimme fürdas Volksbegehren ist deshalb auch eine Stimme gegen den Standort.



    Der BER ist nicht wirtschaftlich


    Bereits in den Planungsjahren stiegen die in die Verhandlungen eingebundenen Fluggesellschaften aus dem Projekt aus. Denn den Profis war klar: Sollte der Flughafen tatsächlich einmal eröffnen, werden sich die Investitionen nicht amortisieren. Zahlen wird die Verluste und die fehlende Amortisation der Steuerzahler. Schließlich gehört die Betreibergesellschaft zu je 37 % den Ländern Berlin und Brandenburg sowie zu 26 % dem Bund.


    Eine alte Wirtschaftsregel sagt: Man soll verlorenem Geld kein gutes neues hinterherwerfen.


    Genau das gilt auch beim BER. Keineswegs würde er sich besser rechnen bzw. weniger Verlust machen, wenn er größer wird. Genau das Gegenteil ist der Fall: Wollte man den BER zu einem internationalen Drehkreuz ausbauen, stünde er in harter Konkurrenz mit den etablierten internationalen Luftdrehkreuzen in Frankfurt/Main und München sowie zahllosen anderen von Amsterdam und London über Wien und Zürich bis Istanbul und Dubai. Nur durch Kampfpreise könnte man Verkehr von diesen Wettbewerbern abziehen. Und tatsächlich gewährt die Flughafengesellschaft schon heute hohe Rabatte, Werbezuschüsse und alle möglichen versteckten und offenen Subventionen für neue Verkehre. Die gesamte Luftverkehrswirtschaft ist von ruinösem Wettbewerb gekennzeichnet, kaum ein Flughafen verdient Geld, wenn man eine faire Verzinsung der investierten (öffentlichen) Gelder einrechnet. Dass die immensen Ausgaben eines weiteren Riesen in der Branche also jemals
    durch die Einnahmen gedeckt werden, ist sehr unwahrscheinlich. Die negativen Folgen auf die Umgebung – die auch hohe wirtschaftliche Bedeutung haben – sind dabei noch gar nicht berücksichtigt.


    Bleibt der BER dagegen so klein, dass er wirklich nur den Bedarf von Reisen von hier und nach hier deckt, können weit bessere Preise genommen werden. Mit anderen Worten: Ein größerer BER bedeutet mehr Kosten, aber nicht mehr Erträge. Die zu erwartenden zusätzlichen Verluste fänden sich dann, wie schon die bisherigen Planungs- und Baukosten, in den öffentlichen Haushalten wieder.


    Sollten jemals auch ernstzunehmende private Investoren einen größeren Flughafen in Brandenburg für wirtschaftlich halten, so mögen sie einen raumverträglichen Standort finden und dort alles mit eigenem Geld schaffen. Dem BER werden die vielen Lärm- und Schmutzgeplagten unter seinen Schneisen keine Träne nachweinen.



    Der BER ist kein Job- oder Wirtschaftsmotor


    Flugplätze sind keine Jobmotoren. Denn die Umsätze am BERkönnen nur steigen, wenn die Kunden, also die Passagiere, ihre Ausgaben zugunstenvon Flugreisen umschichten und dafür an anderer Stelle sparen. Die Daten desstatistischen Bundesamtes zeigen, dass die Menschen bei Bekleidung,Haushaltsgütern und Freizeitaktivitäten Geld einsparen, wenn sie sich mehr Flugreisen leisten wollen. Außerdem wirdbei einer Flugreise nur ein kleiner Teil des Geldes am Flughafen ausgegeben.Der Großteil wird am Zielort umgesetzt.
    Ist es im Interesse der Brandenburger Wirtschaft, wenn immermehr Menschen sich eine Flugreise vom BER „leisten“ und dafür weniger Geld inder Region sondern z. B. auf Mallorca ausgeben? Wohl kaum.


    Sogar die OECD, der 34 Mitgliedstaaten angehören, kann keinevorteilhaften Wirkungen von Flughäfen auf die Wirtschaft erkennen. DieÜberschätzung der Flughäfen als Wirtschaftsmotoren wird vor allem auf dieAktivitäten der Luftverkehrslobby und den damit einhergehenden Druck auf diepolitischen Entscheidungsträger zurückgeführt.