Wahlversprechen sind kein Geheimplan

  • Die Berliner Grünen und Die Linken haben in ihrem Wahlprogramm die Forderung nach einem Nachtflugverbot in der gesetzlich definierten Zeit der Nacht von 22-6 Uhr verankert. Dieses Versprechen gilt es jetzt in den aktuellen Koalitionsverhandlungen auch umzusetzen.


    Von Seiten der Luftverkehrslobby wird nun interessanter Weise mit herben finanziellen Verlusten für den Fall eines längeren Nachtflugverbotes gedroht. Ein „Geheimplan Provinzflughafen“ macht die Runde.


    Unwahrheiten und falsche Behauptungen werden nicht richtiger, wenn man sie ständig wiederholt. Machen wir doch einmal einen kurzen Faktencheck:


    1. Nachtflugbetrieb ist für die Flughafengesellschaft nachweislich ein Verlustgeschäft. Die Kosten des Flughafens decken in dieser Zeit nicht die Einnahmen durch Starts und Landungen.
    Nutzen tut das nur den Airlines, da diese ihre Maschinen mehr Stunden am Tag fliegen lassen können und so eine geringere Anzahl an Flugzeugen zur Beförderung der gleichen Anzahl von Passagieren benötigen.


    2. Oft wird so getan, als würde es internationale Flugverbindungen nur dann geben, wenn in der Nacht gestartet oder gelandet werden kann. Dem ist nicht so, was folgende Beispiele zeigen sollen:
    Start: New York 18.00 Uhr -> Landung: Berlin 7.30 Uhr
    Berlin 13.00 Uhr -> New York 16.00 Uhr
    Bangkok 9.20 Uhr -> Köln-Bonn 14.55 Uhr
    Köln-Bonn 16:25 Uhr -> Bangkok 7:55 Uhr


    3. Richtig ist hingegen, dass in Berlin 165.000 und in Brandenburg 106.000 Bürger für ein Nachtflugverbot von 22-6 Uhr unterschrieben und Berliner Grüne wie auch Die Linke diese Forderung in Ihr Wahlprogramm aufgenommen haben.
    Und das mit gutem Grund, denn faktisch wird mit dem BER am Standort Schönefeld ein innerstädtischer Flughafen gebaut, der nach Inbetriebnahme in Summe ca. 1,5 Millionen Menschen mit Lärm belasten wird (allein 1.078.000 Menschen durch Starts gemäß DFS). Das sind mehr Menschen, als in der drittgrößten Stadt Deutschlands, München wohnen! Und es werden immer mehr, da die Stadt beständig wächst!


    4. Zur Wahrheit gehört leider auch, dass viele der Schwerstbetroffenen Menschen nicht, wie oftmals von den Verantwortlichen verbreitet, bestens vor dem Lärm geschützt werden.
    So kann dem aktuellen Schallschutzbericht vom 30.09.16 http://www.lbv.brandenburg.de/3124.htm entnommen werden, dass aktuell 4.391 Objekte eine Entschädigung anstatt baulichem Schallschutz erhalten haben. Das heißt, dass bei 4391 Objekten kein Schallschutz im Rahmen der Schallschutzvorgaben herstellbar war.


    Man muss also davon ausgehen, dass ca. 10.000 Menschen (Annahme 2,2 Personen pro Objekt) ungenügend geschützt werden, darunter sicher viele Frauen, Kinder und auch alte Menschen, die sich Ihren Lebensabend anders vorgestellt haben.
    Das allein ist schon ein Grund, dass die Forderung für das Fliegen in der Nacht höchst unsozial ist und den Wertevorstellungen unserer Gesellschaft in keiner Weise entspricht!


    5. Richtig ist, dass dieser falsche Standort nur mit Auflagen genehmigt wurde. Das BVerwG in seinem Urteil zum Flughafen Schönefeld am 16.03.2006 zur Planfeststellung: „Ziel des Ausbauvorhabens ist die Deckung des nationalen und internationalen Luftverkehrbedarfs der Länder Berlin und Brandenburg“ und „Gegenstand der Landesplanung ist nicht (mehr) ein internationaler Großflughafen mit 4 Start- und Landebahnen…sondern ein mittelgroßer Verkehrsflughafen mit einem modernen Zwei-Bahnen-System“.


    6. Gutachten (z.B. Wirtschaftliche Situation am BER von Prof. Dr. Friedrich Thießen) und einfache Strukturanalysen ergeben, dass der BER nie wirtschaftlich betrieben werden kann, wenn die Investitionen und Kredite (aktuell über 6.7 Mrd. Euro) zurückgezahlt werden sollen.


    Zur Erinnerung: Infrastrukturprojekte haben zunächst den Auftrag, einen gesellschaftlichen Bedarf abzudecken. Dabei ist es nicht zwingend erforderlich, Gewinne zu erzielen. Und selbst wenn ein Einnahmeverlust von insgesamt 300 Mio. € (nach Flughafenangabe, bis 2035, das wären 15 Mio. Euro/Jahr), aus angeblich reduziertem Flugaufkommen bei 8-stündigem Nachtflugverbot entstünde, so wäre dieser für die Gesundheit und die Lebensqualität der Menschen gut investiert.



    Die Liste könnten wir so endlos fortsetzen.


    Fassen wir doch mal die Kernbotschaft zusammen:
    Der BER an diesem Standort ist nicht für das Fliegen in der Nacht geeignet. Wer in der Nacht fliegen will, der muss den Flughafen an einem anderen Standort- möglichst privat finanziert – neu bauen.


    Wir fragen uns, wer persönlich von denen, die jetzt das Fliegen in der Nacht fordern, dazu bereit ist, die volle Verantwortung für das Leid der ungenügend geschützten Menschen und die daraus folgenden Gesundheitsschäden zu tragen und nicht nur mit dem Finger auf andere Politiker oder Parteien (Vorgänger, die den Standort Schönefeld festgelegt haben) oder Gerichte zu zeigen?


    Wenn Politiker nach der Wahl ihre Wahlversprechen auch umsetzen, so kann man nicht von Geheimplänen sprechen. Im Gegenteil hilft das der immer größer werdenden Politikverdrossenheit entgegenzuwirken.
    „In Anbetracht, dass die Brandenburger Linke und SPD das gewonnene Volksbegehren für ein Nachtflugverbot von 22-6 Uhr im Landtag angenommen haben, die Berliner Grünen und Linken die Forderung in Ihrem Wahlprogramm stehen haben, ergibt sich für den Bürger die Mehrheit von 4 zu 1 für das Nachtflugverbot. Einzig die Berliner SPD lehnt das Nachtflugverbot ab. Im gesundheitlichen Interesse der Bürger, sollte sich doch die klare gewählte Mehrheit hier durchsetzen. Alles andere wäre eine absolute Missachtung des Wählerwillens und ein Menschen verachtendes Einknicken vor fragwürdigen Zahlenspielen der BER-Protagonisten.“, so Markus Sprißler.


    V.i.S.d.P.: Markus Sprißler