Pressemitteilung des Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg vom 23.01.2013

  • Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat heute den Klagen von
    Anwohnern und Gemeinden gegen das Flugverfahren über dem Wannsee (so
    genannte kurze Wannseeroute) stattgegeben. Die Flugroute führt östlich
    an dem Gelände des Helmholtz-Zentrum Berlin vorbei, auf dem sich unter
    anderem der Forschungsreaktor BER II befindet.


    Der 11. Senat ist der Auffassung, dass die streitgegenständliche
    Festsetzung der Flugroute rechtswidrig ist und die Kläger in ihren
    abwägungserheblichen Belangen (Gesundheit, Planungshoheit) verletzt. Der
    Festlegung des angegriffenen Flugverfahrens liegt ein Ermittlungsdefizit
    zugrunde. Das Risiko eines Flugunfalls und eines terroristischen
    Anschlags auf den Luftverkehr und der dadurch ausgelösten Freisetzung
    ionisierender Strahlung des Forschungsreaktors wurde nicht hinreichend
    in den Blick genommen. Eine solche fallspezifische Risikoermittlung wäre
    notwendige Grundlage einer Abwägung gewesen. Die Risikoermittlung war
    auch deshalb geboten, weil die Risikobetrachtungen für den Reaktor in
    Bezug auf den Flugverkehr veraltet waren und die Beklagte darauf durch
    die Atomaufsichtsbehörde hingewiesen wurde.


    Auf die weiteren - insbesondere unter Fluglärmgesichtspunkten -
    erörterten Fragen kam es danach für die Entscheidung nicht mehr an.


    Hinsichtlich der Deutschen Umwelthilfe, die geltend macht, die
    Flugroutenfestsetzung sei wegen einer unterlassenen
    Umweltverträglichkeitsprüfung rechtswidrig, sieht der Senat weiteren
    Aufklärungsbedarf und hat das Verfahren insoweit abgetrennt.


    Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde zugelassen.


    Urteile vom 23. Januar 2013 - OVG 11 A 1 und 3.13 -.

  • „Dies zeigt, dass politische Arbeit Dinge verändern kann“ erklärte der Sprecher des abb, Matthias Schubert, der gleichzeitig Vorsitzender der an den Verfahren beteiligten BI Kleinmachnow ist. Er mahnte aber zur Vorsicht: Die Entscheidung sei noch nicht rechtskräftig und außerdem habe das OVG nur ein Ermittlungsdefizit festgestellt, also einen Fehler im Abwägungsvorgang und nicht im Abwägungsergebnis. Damit sei es nicht ausgeschlossen, dass die Flugroute nach erneuter Ermittlung und Abwägung wiederum genauso festgesetzt werde. Werde sie wie zu hoffen sei nicht erneut festgesetzt, komme es voraussichtlich aufgrund der generellen Verbindlichkeit der Flugrouten nur bis 5000 Fuß und entsprechender Einzelfreigaben zu mehr Flügen östlich (Kleinmachnow und Teltow) und westlich (Potsdam) der Wannseeroute.


    Schubert nimmt die Entscheidung als Ansporn und ruft dazu auf, das nächste Ziel, Nachtflugverbot 22-6 Uhr, unnachgiebig und mit aller Macht zu verfolgen. Nur diese Betriebsbeschränkung helfe wirklich allen Anwohnern. Das abb bereite sich auf den voraussichtlich am 16. Juni dazu in Brandenburg stattfindenden Volksentscheid vor. Hierzu würden voraussichtlich heute abend auf einer Bündnissitzung in Zeuthen wichtige Weichenstellungen erfolgen.“Wenn wir es richtig anstellen, können wir auch diesen Volksentscheid gewinnen“, erklärte er.


    Kleinmachnow, den 24. Januar 2013
    Matthias Schubert
    Sprecher des Aktionsbündnisses
    Vertreter des Volksbegehrens
    V.i.S.d.P.: Matthias Schubert, Tel.: 015140133961 email schubert.kleinmachnow@freenet.de

  • Zur Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (OVG), die sogenannte Wannseeroute für rechtswidrig zu erklären, weil die möglichen Gefahren beim Überfliegen des Forschungsreaktors des Helmholtz-Zentrums in Berlin-Wannsee unzureichend geprüft worden seien, erklärt die Kleinmachnower Bundestagsabgeordnete Cornelia Behm:

    "Das, was uns der gesunde Menschenverstand von Beginn an gesagt hat, ist nun dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung ins Stammbuch geschrieben: Es gibt Risiken, die einzugehen auch einer Bundesoberbehörde nicht erlaubt sind. Schließlich war nicht nur von den Anwohnern der umliegenden Berliner Bezirke und Brandenburger Gemeinden, sondern auch von der Atomaufsichtsbehörde davor gewarnt worden, dass bei einem Flugunfall oder terroristischen Anschlag der Reaktor ein erhöhtes Gefährdungspotenzial birgt. Dass über die Klagen der Stadt Teltow und der Gemeinden Stahnsdorf und Kleinmachnow sowie einzelner Bürger gar nicht mehr entschieden werden musste, muss man nicht bedauern, denn schließlich haben sie ihr Ziel erreicht. Sie werden nun nicht mehr in geringer Höhe, d.h. in gesundheitsbeeinträchtigender Weise überflogen.


    Mit dem Urteil ist aber auch deutlich geworden, dass die Festlegung der Flugverfahren wie schon zuvor die Planung des Flughafens insgesamt nur an den Interessen der Luftverkehrswirtschaft, nicht aber an denen der Bevölkerung von Brandenburg und Berlin ausgerichtet war. Schließlich basiert die Entscheidung für die Wannseeroute nicht auf Dummheit, sondern doch eher auf Ignoranz. Ich hoffe nur, dass das gestrige Urteil des OVG die Entscheidungsträger nun noch einmal darüber nachdenken lässt, wie der künftige Hauptstadtflughafen BER, sollte er denn einmal fertig werden, betrieben werden soll. Wir brauchen hier kein Drehkreuz für den Luftverkehr. Ein gesunder Nachtschlaf von 22.00 bis 06.00 Uhr ist volkswirtschaftlich sehr viel mehr wert. Das sollten auch SPD und Linke im Brandenburger Parlament endlich einsehen und dem Volksbegehren entsprechend ein konsequentes Nachtflugverbot beschließen."


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    Britta Duille
    BürgerInnenbüro Cornelia Behm MdB
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